Minister Witold Waszczykowski: Stützpunkt in Redzikowo verändert Polens Sicherheitsstatus signifikant

Der Stützpunkt in Redzikowo „verändert Polens Sicherheitsstatus signifikant“, meint Außenminister Witold Waszczykowski. Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur PAP betonte er, dass „die gesamte Initiative des Raketenabwehrschildes nicht gegen Russland gerichtet ist“.
 

Der Chef des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten (MfAA) war am Freitag einer der Gäste bei der Feier zum Baubeginn des Stützpunktes für Abfangraketen in Redzikowo (Woiwodschaft Pommern), der Teil des amerikanischen Raketenabwehrsystems werden soll. Der Stützpunkt soll die Truppen der USA und der NATO-Bündnispartner vor ballistischen Flugkörpern schützen, die aus dem Nahen Osten abgefeuert werden. Am Donnerstag war ein ähnlicher Stützpunkt in Rumänien offiziell in Betrieb genommen worden.

 

Minister Waszczykowski, der in den Jahren 2005-2008 stellvertretender Außenminister und zugleich mit der Verhandlungsführung über den Bau von Elementen des Raketenabwehrschildes in Polen betraut war, unterstrich am Freitag im Gespräch mit PAP, dass der Stützpunkt in Redzikowo nach seiner Inbetriebnahme „Polens Sicherheitsstatus signifikant verändert“. „Seit Jahren hat sich Polen um eine Veränderung dieses Status bemüht, weil es – trotz des NATO-Beitritts 1999 – auf polnischem Boden praktisch keine signifikanten oder wesentlichen Verteidigungseinrichtungen der Allianz und schon gar keine amerikanischen gab. Daher waren wir jahrelang ein Mitglied zweiter Klasse“, sagte Minister Witold Waszczykowski.

 

Um einen Kommentar zum Standpunkt Russlands gebeten, dessen Regierungsorgane die Inbetriebnahme des rumänischen Teils des amerikanischen Raketenabwehrschildes am Donnertag als „direkte Bedrohung“ für die russische Sicherheit entschieden kritisiert und eine Stärkung der eigenen militärischen Fähigkeiten angekündigt hatten, betonte der Chef des MfAA, dass „die gesamte Initiative des Raketenabwehrschildes selbstverständlich nicht gegen Russland gerichtet ist“: „Das Raketenabwehrschild ist ein Verteidigungssystem gegen Angriffe aus der Region des nahen Ostens“, hob er hervor.

 

„Diese beiden Stützpunkte – der in Rumänien und der künftige in Polen – sind so gelegen, dass sie eventuelle, in Richtung der Vereinigten Staaten abgefeuerte russische Flugkörper oder Raketen in der Praxis nicht abfangen können, daher ist diese russische Kritik haltlos“, sagte Minister Waszczykowski gegenüber PAP.

 

„Aus politischer Sicht sollte man die Philosophie umkehren: Russland gefallen diese Stützpunkte eben deshalb nicht, weil es möchte, dass Ostmitteleuropa, also der Teil, der nach 1999 Teil der NATO wurde, ein Gebiet unbestimmter Sicherheit bleibt, eine Grauzone, die weder über eine Präsenz von NATO-Truppen noch über Abwehranlagen verfügt, daher würde Russland dieses Gebiet auch als eine Art Pufferzone behalten, in der es verschiedene politische Spielchen spielen könnte“, sagte der Minister.

 

Er fügte hinzu, dass in diesem Kontext die militärische Präsenz der Amerikaner und in nicht ferner Zukunft auch von NATO-Truppen „sogar in Form von kleinen Brigaden oder Bataillonen die russischen Ambitionen, dieses Gebiet in einem derart unbestimmten Status zu behalten, durchkreuzt“.

 

Nach Ansicht des MfAA-Chefs löst das „zunehmend aggressive Verhalten Russlands” Überlegungen aus, ob „man von dem recht unbesonnenen Glauben, mit Russland gemeinsam internationale Probleme lösen zu können, abrücken“ und zu einem „strategischen, geopolitischen Denken und zu den normalen traditionellen Methoden der Sicherung des Territoriums von Mitgliedstaaten durch militärische Präsenz“ zurückkehren muss. „Diese Präsenz wird ein Signal, ein Symbol für die Entschlossenheit zur Verteidigung sein, und ich hoffe, dass keine Notwendigkeit zur Anwendung dieser Verteidigung eintritt, dass diese Präsenz ein ausreichendes Instrument ist, um vor Konflikten jeglicher Art und gegen unseren Teil Europas gerichtete Zwischenfällen abzuschrecken“, fügte Minister Waszczykowski hinzu.

 

Er betonte, er sei derjenige gewesen, der im Juli 2008 die Vereinbarung über Elemente des Raketenabwehrschildes in Polen ausgehandelt habe. „Ich empfinde persönliche Genugtuung darüber, dass es nach Jahren der Mäander, des Hin und Her, sogar von Versuchen, diese Bemühungen um eine amerikanische Präsenz [in Polen], und zwar eine Präsenz in Form eines Raketenabwehrstützpunktes, zu sabotieren, endlich gelingt, diesen Prozess zu einem glücklichen Ende zu führen“, sagte er.

 

Minister Witold Waszczykowski erinnerte daran, dass die Entscheidung über den Bau von Elementen des Raketenabwehrschildes in Polen von der amerikanischen Seite zurückgestellt wurde. „Ich freue mich, dass Präsident [Barack] Obama sich am Ende seiner zweiten Amtszeit doch dazu entschieden hat, diesen Plan zu verwirklichen. Wenn er zustande kommt, und wenn wir im Juli in Warschau eine positive Entscheidung des NATO-Gipfels über die Stationierung von Truppen der Allianz erreichen, dann wird Präsident Obama als positiver Held in die Geschichte Polens eingehen und vielleicht auch einmal sein Denkmal – neben dem von Ronald Reagan – irgendwo in Warschau stehen“, sagte der Außenminister zu PAP.

 

Präsident Andrzej Duda betonte in seiner Rede während der Feier in Redzikowo, dass dies ein wichtiger Tag sei. „Es ist ein Tag, an dem eine weitere Etappe der Stärkung der Sicherheit Europas, und damit auch der freien Welt, darunter Polens beginnt“, unterstrich er. „Dies werden keine Flugkörper sein, die gegen irgendjemanden gerichtet sind; nein, sie werden auf unsere Sicherheit ausgerichtet sein. Das ist ihr grundlegender Zweck, und das ist der grundlegende Zweck dieser Investition. Sie sollen den Himmel über Europa vor einem Raketenangriff schützen, falls irgendjemand auf diese Art und Weise drohen wollte“, hob der Präsident hervor. Wie er unterstrich, profitierten in wirtschaftlicher Hinsicht die Einwohner von Redzikowo am meisten von dieser Investition, aber im Sinne der Sicherheit profitierten davon alle Polen.

 

„Das NATO-Raketenabwehrsystem ist ein Verteidigungssystem, das mit den Rüstungskontrollabkommen völlig konform ist und weder auf Russland abzielt, noch die Fähigkeit haben wird, dessen strategisches Abschreckungspotenzial zu verringern“, betonte seinerseits der stellvertretende US-Verteidigungsminister Robert Work, der an der Feier teilnahm. „Es ist ausschließlich zum Schutz der Verbündeten, darunter Polens, vor einer Bedrohung durch ballistische Raketen von außerhalb des euroatlantischen Raums, zumal dem Iran vorgesehen. Solange der Iran fortfährt, ballistische Flugkörper zu entwickeln und aufzustellen, werden die Vereinigten Staaten mit ihren Verbündeten und Partnern zusammenarbeiten, um sich gegen diese Bedrohung zu wehren“, hob er hervor.

 

„Dies ist ein wirklich wichtiger Tag für Polen, für die NATO und für Europa, es ist ein wichtiger Tag für den Frieden in Europa und der Welt”, sagte in Redzikowo Verteidigungsminister Antoni Macierewicz. Wie er hervorhob, hat die Einrichtung des Raketenabwehrsystems eine Erhöhung der Sicherheit Polens und unserer Verbündeten zum Ziel und ist kein aggressiver Akt. „Hauptmotiv, -grund und –ziel unserer Anstrengungen war die Verteidigung, die Erhöhung der Sicherheit Polens und seiner Verbündeten“, sagte der Chef des Ministeriums für Nationale Verteidigung.

 

„Ich muss sagen, dass ich besonders Herrn Verteidigungsminister Waszczykowski danken möchte, der viele Monate lang diese Verhandlungen geführt hat“, sagte im Jahre 2008 Präsident Lech Kaczyński bei der Zeremonie der Unterzeichnung des polnisch-amerikanischen Abkommens über die Stationierung von Elementen des Raketenabwehrschirms in Polen. Während der Feier in Redzikowo am Freitag dankte auch Präsident Andrzej Duda Minister Witold Waszczykowski für die Leitung der Verhandlungen mit der US-Administration über die Stationierung des Raketenabwehrsystems auf polnischem Territorium.

 

Das polnisch-amerikanische Abkommen über die Einrichtung von Elementen des Raketenabwehrschirms hatten im August 2008 Außenminister Radosław Sikorski und die amerikanische Außenministerin Condoleezza Rice – in Anwesenheit von Präsident Lech Kaczyński und Ministerpräsident Donald Tusk – in Warschau unterzeichnet. Im Juli 2010 wurde ein Annex zu dem Abkommen unterzeichnet, da die USA im Jahr zuvor ihre Pläne hinsichtlich des Abwehrschirms geändert hatten.

 

Der in Redzikowo gelegene Stützpunkt für Abfangraketen des amerikanischen Raketenabwehrsystems soll die Truppen der USA und der NATO-Verbündeten vor ballistischen Flugkörpern aus dem Nahen Osten schützen. Dort werden sich eine Abschussvorrichtung für Abfangraketen sowie ein Zielverfolgungs- und Feuerleitradar befinden. Der Stützpunkt soll 2018 einsatzbereit sein.

 

Der Stützpunkt in Radzikowo soll der Lagerung und dem Abschuss von Raketen des Typs SM-3 Block IIA dienen. Eine Batterie der gleichen Raketen in der landgestützten Version (Aegis Ashore) wurde in Deveselu in Rumänien aufgestellt: Ihre Einsatzbereitschaft wurde am Donnerstag offiziell bekanntgegeben. Zum Raketenabwehrsystem gehören auch vier Schiffe des Aegis-Systems, die in Spanien stationiert und mit SM-3-Raketen in der seegestützten Version ausgerüstet sind, sowie ein Radar zur Entdeckung und Verfolgung ballistischer Flugkörper in der Türkei. Die einzelnen Elemente sind in das Führungs- und Kontrollsystem auf dem amerikanischen Stützpunkt im deutschen Ramstein integriert.

 

Der Bau des Stützpunktes in Redzikowo ist eine weitere Etappe in dem 2009 ins Leben gerufenen NATO-Raketenabwehrprogramms (European Phased Adaptive Approach).

 

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