Die Teilnehmer der Sitzung besprachen u.a. Themen wie das deutsch-polnische Verhältnis, die Östliche Partnerschaft, die Zukunft der EU-Wirtschafts- und Währungsunion sowie aktuelle Herausforderungen für die Sicherheits- und Verteidigungspolitik, auch im Kontext des Ukrainekonflikts.
Nach den gemeinsamen Beratungen nahmen die Chefs von Sejm und Bundestag an einer Pressekonferenz teil, um eine Bilanz des Treffens zu ziehen. Marschall Sikorski dankte den Gastgebern für die Einladung der polnischen Delegation nach Dresden. „Auf jedem Schritt gibt es hier Spuren der vorangegangenen Personalunion, die uns – Polen und Sachsen – verbunden hat“, sagte er. Radosław Sikorski unterstrich, dass die Gespräche nicht routinehaft waren: „Wir ringen nach wir vor mit der Krise sowohl in der Europäischen Union als auch jenseits ihrer Grenzen“. Und er fügte hinzu, dass er die Übereinstimmung der Standpunkte Deutschlands und Polens bei den aktuellen Problemen begrüße. „Koordination ist nicht nur zwischen unseren Regierungen, sondern auch den Parlamenten notwendig“, bemerkte er. Radosław Sikorski bestätigte auch, dass Sejm und Bundestag nächstes Jahr zusammenarbeiten werden, um den 25. Jahrestags der Unterzeichnung des deutsch-polnischen Vertrages über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit würdig zu begehen. Außerdem lud er das Bundestagspräsidium offiziell zur nächsten gemeinsamen Sitzung nach Bromberg (Bydgoszcz) ein.
Der Bundestagspräsident wies darauf hin, dass die gemeinsame Präsidiumssitzung beider Häuser ein Beispiel für die guten bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Polen seien: „Die Präsidien haben aktuelle Probleme besprochen und wie immer eine Bilanz der bisherigen Aktivitäten in den gegenseitigen Beziehungen gezogen“, sagte Norbert Lammert. Er betonte auch, dass der nächstes Jahr anstehende 25. Jahrestag der Unterzeichnung des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrags auch auf Parlamentsebene besondere Aufmerksamkeit verdiene. „Wir sind daran interessiert, diesem Jahrestag besondere Bedeutung zu verleihen“, erklärte er.
Die Politiker beider Länder sprachen auch Fragen der bilateralen Zusammenarbeit an. Am 17. Juni 1991 unterzeichneten Deutschland und Polen den Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit. Entsprechend den Grundsätzen dieses Dokuments setzen beide Seiten verschiedene Maßnahmen und Initiativen um, die das Verhältnis zueinander fördern. Eine davon ist der sogenannte Runde Tisch zu Belangen der polnischstämmigen Bürger (Polonia) und Polen in Deutschland sowie der deutschen Minderheit in Polen. Sein Ziel ist die vollständige Verwirklichung des deutsch-polnischen Vertrages. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit wurde u.a. eine gemeinsame Strategie für den Polnischunterricht als Muttersprache in Deutschland festgelegt. Dank den Vereinbarungen des Runden Tisches wurden u.a. eine Geschäftsstelle der Polonia in Berlin und das zweisprachige Internetportal „Polonia Viva“ eingerichtet.
Die in Dresden tagenden Mitglieder der Präsidien von Sejm und Bundestag waren sich darin einig, dass der in das Jahr 2016 fallende Jahrestag der Unterzeichnung des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrags ein besonderes Jubiläum ist.
In seiner Einführung in das Thema Östliche Partnerschaft und die aktuelle Lage in der Ukraine stellte Sejmmarschall Radosław Sikorski den Sitzungsteilnehmern die Frage: Welchen Beitrag können wir für eine dauerhafte Lösung des Konflikts im Osten leisten? „Ich bin besorgt über das Schicksal der Östlichen Partnerschaft“, sagte er und fügt hinzu, dass die Umsetzung der bisherigen Vereinbarungen zur Ukraine, darunter die letzte Vereinbarung von Minsk, viel zu wünschen übrig lasse. Radosław Sikorski wies auch auf den anhaltenden sogenannten Informationskrieg zwischen Russland und u.a. den Ländern Westeuropas hin. Dabei gehe es um den Inhalt, aber auch die Art und Weise der Berichterstattung über die Situation.
Die Politiker waren sich einig in Bezug auf den Ernst der Lage in der Ukraine. Sie hoben den Bedarf an Geschlossenheit der Europäischen Union hierzu hervor. „Notwendig ist eine Stärkung der Östlichen Partnerschaft durch die gesamte EU“, erklärte der stellvertretende Sejmmarschall Marek Kuchciński.
Die Östliche Partnerschaft ist eine Initiative zur Intensivierung der Zusammenarbeit der Europäischen Union mit Armenien, Aserbaidschan, Weißrussland, Georgien, Moldawien und der Ukraine. Ihr Hauptziel ist eine Annäherung der Partnerstaaten an die EU auf der Grundlage der europäischen Werte und Standards.
Gemeinsame Sitzungen der Präsidien des Sejm der Republik Polen und des Deutschen Bundestages finden seit 2004 statt. Ihr Ziel ist u.a. eine Vertiefung des Dialogs zwischen beiden Häusern und die Erörterung aktueller bilateraler Fragen. Deutschland und Polen unterhalten intensive interparlamentarische Kontakte. Seit 1989 arbeitet im Sejm die Polnisch-Deutsche Parlamentariergruppe und im Bundestag die Deutsch-Polnische Parlamentariergruppe. In der laufenden Legislaturperiode von Sejm und Senat konstituierte sich die Gruppe, die sich mit den Belangen Deutschlands und Polens befasst, am 26. Januar 2012. Ihr gehören 40 Parlamentarier an, darunter 31 Sejmabgeordnete und 9 Senatoren. Vorsitzender der Gruppe ist der Abgeordnete Marek Krząkała.