„Ein Phönix aus der Asche. Zerstörung und Wiederaufbau Warschaus 1939‒1955“

Eröffnung der Ausstellung im Berliner Rathaus.
 

Am 21. September eröffneten der Botschafter der Republik Polen in Berlin Andrzej Przyłębski und die Europabeauftragte des Landes Berlin, Staatssekretärin Hella Dunger-Löper, gemeinsam die Ausstellung „Ein Phönix aus der Asche. Zerstörung und Wiederaufbau Warschaus 1939‒1955“Der Direktor des Hauses der Begegnung mit der Geschichte Piotr Jakubowski hielt einen Vortrag, der die Gäste in die Thematik der Ausstellung einführte.

 

Die Zerstörung von Warschau war ohne Präzedenz. Keine andere europäische Hauptstadt wurde ausschließlich durch den Willen der Besatzer systematisch vernichtet. Warschau - vor dem 1. September 1939 die Hauptstadt der Zweiten Polnischen Republik mit 1,3 Millionen Einwohnern und das Zentrum des politischen, kulturellen und sozialen Lebens des Landes – sollte sich zunächst in eine deutschen Provinzstadt verwandeln und später - nach dem Ausbruch des Warschauer Aufstands am 1. August 1944 – ganz von der Erdoberfläche verschwinden, denn so lauteten die Befehle der Führer des Dritten Reiches. Als am 17. Januar 1945 die Rote Armee und die Polnischen Streitkräfte in das links der Weichsel gelegene Stadtgebiet einrückten, war es menschenleer und zu 80 % zerstört. Es machte einen so erschreckenden Eindruck, dass in Erwägung gezogen wurde, es in dieser Form als Denkmal zu belassen. Dennoch machte man sich an den Wiederaufbau von Warschau.

 

Er fand unter besonderen politischen Rahmenbedingungen statt. Im Februar 1945 entschied die Konferenz von Jalta, an der Vertreter der drei Mächte Vereinigte Staaten, Großbritannien und UdSSR teilnahmen, über die Nachkriegsaufteilung der Welt in zwei Lager: das demokratische westliche und das kommunistische östliche. Auf Polen und seine Hauptstadt entfiel ein Platz auf der sowjetischen Seite, mit allen seinen Konsequenzen, wie zunehmender Terror, die Verfolgung der Opposition und eine von oben verordnete „soziale Revolution“, die nach dem stalinistischen Muster zur Auflösung der Mittel- und Gutsbesitzerklasse sowie sämtlicher vom Staat unabhängiger Einrichtungen führte.

 

Trotzdem wurde gerade in Warschau erstmals in der Menschheitsgeschichte in einem derartigen Maßstab die Nachbildung nicht nur einzelner Baudenkmäler, sondern ganzer historischer Fragmente der Stadt unternommen. Der bahnbrechende und einmalige Charakter dieser Rekonstruktion wurde 1980 von der internationalen Öffentlichkeit durch die Eintragung der Warschauer Altstadt in die Weltkulturerbeliste der UNESCO gewürdigt. Im Laufe der Jahre wurde die Besonderheit des Werkes, das nach dem Zweiten Weltkrieg in Warschau unternommen wurde, noch augenfälliger. Im Frühjahr 2011 wurde das bereits 1945 ins Leben gerufene Archiv des Büros für den Wiederaufbau der Hauptstadt (BOS) von der internationalen Gemeinschaft als eine der wertvollsten Sammlungen des dokumentarischen Erbes der Menschheit anerkannt und in die renommierte Liste „Memory of the World“ (Gedächtnis der Welt) aufgenommen.

 

Die Ausstellung wurde anlässlich des 70. Jahrestages der Beendigung des Zweiten Weltkrieges 2015 sowie weiterer mit Warschau verbundener Jahrestage vorbereitet: dem 70. Jahrestag der Befreiung der Stadt und dem 35. Jahrestag der Eintragung des Wiederaufbaus der Warschauer Altstadt nach dem Krieg in die Welterbeliste der UNESCO. Auf einer weiteren Liste der UNESCO – dem Programm„Memory of the World“ – steht seit 2011 auch das Archiv des Büros für den Wiederaufbau der Hauptstadt, das in den Jahren 1945-1951 tätig war.

 

Die Ausstellung besteht aus Text- und Bildtafeln und gliedert sich in drei Teile:

 

  1. Warschau vor dem Krieg,
  2. Warschau im Krieg,
  3. Warschaus Wiederaufbau.
     

Filmmontagen bilden einen integralen Bestandteil der Ausstellung, indem sie die dargestellten thematischen Motive ergänzen und mitunter auch weiterentwickeln:

 

  1. Vorkriegsteil: Ausschnitte aus einem Dokumentarfilm des amerikanischen Filmemachers und Fotografen Julien Bryan aus dem Jahr 1936, Ausschnitte aus dem polnischen Dokumentarfilm „Warschauer Sonntag” (1939), Ausschnitte aus einem privaten Farbfilm von Benjamin Gasul aus dem Jahr 1939, der die jüdischen Einwohner Warschaus zeigt;
  2. Kriegsteil: ein langer Ausschnitt aus Julien Bryans Dokumentarfilm „Siege” (Belagerung) vom September 1939, ausgewählte Wochenschau-Fragmente aus der Zeit des Warschauer Aufstandes, die jüngst für den Film „Warschauer Aufstand“ von Jan Komasa digital restauriert und koloriert wurden, ein Ausschnitt aus dem Film „Ruinenstadt“, einer dreidimensionalen Rekonstruktion eines Flugs über das zerstörte Nachkriegswarschau;
  3. Nachkriegsteil: eine Montage von Ausschnitten aus der Polnischen Wochenschau der Jahre 1945-1953, die sich auf den Wiederaufbau der Altstadt konzentriert, und eine Montage, die das moderne Warschau zeigt.

 

Die Ausstellung ist bisher in Russland (Moskau, Rostow am Don), Weißrussland (Minsk, Brest, Homel), Mazedonien (Skopje) und am Sitz der UNESCO in Paris gezeigt worden.

 

Veranstalter der vom Warschauer Haus der Begegnung mit der Geschichte kuratierten Ausstellung in Berlin sind die Botschaft der Republik Polen und das Berliner Rathaus.

 

Die Ausstellung ist vom 21. September bis 22. Oktober 2016 im Roten Rathaus, Rathausstraße 15, 10178 Berlin, für Besucher geöffnet. Eintritt frei.

 

Quelle